Jeder, der um die Jahrtausendwende im IT-Bereich gearbeitet hat, besitzt seinen kleinen Fundus an Geschichten über die Skurrilitäten und den Irrsinn, der in dieser Zeit herrschte. Meine kleine Anekdote, die ich hier heute mal ausbreiten möchte, kommt aus einem Bewerbungsgespräch, das ich im Januar 2000 führte.
Relativ frisch nach dem Studium und unzufrieden mit der Gesamtsituation suchte ich nach örtlicher und beruflicher Veränderung. Da war es nur passend, dass die aufstrebende und reichlich mit Kapital ausgestattete Telekommunikationsfirma, für die mein Mitbewohner unter der Woche in Berlin arbeitete, dringend Leute im IT-Bereich suchte. Genauer gesagt: Einen Systemadminstrator.
Ein Bewerbungsgespräch war schnell organisiert. Mir saßen drei Mitarbeiter gegenüber, der federführende IT-Chef war von einer bekannten Beratungsfirma. Das Gespräch lief prima, wir wurden uns schnell einig, dass ich ein guter Kandidat für den Job wäre. Der freundliche IT-Berater-Chef bestand drauf, mich persönlich zur Straße zu bringen und mir zu zeigen, in welchem der benachbarten Gebäude mein Mitbewohner arbeitete.
Bei der kurzen Aufzugsfahrt nach unten gab's dann folgenden Dialog:
Er: Alexander, nachdem, was Sie eben alles erzählt haben, klingen Sie wie jemand, der gerne Leute anleitet, gerne Projekte macht, wie jemand, der gerne... berät.
Ich: Ja, das könnte ich mir schon vorstellen.
Er: Dann gebe ich Ihnen mal meine Visitenkarte. Wenn Sie mal in den Bereich reinschauen wollen, melden Sie sich doch bei mir.
Nach diesem wenig subtilen Abwerbeversuch unmittelbar nach dem Bewerbungsgespräch wusste ich, dass ich mir die Sache mit der Systemadministration nochmal gut überlegen sollte. Habe wenig später als Berater angeheuert. Aber nicht bei der Firma, die mir so unverblümt ans Herz gelegt wurde. Mit deren moralischen Standards wäre ich nicht zurechtgekommen.
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