Donnerstag, November 30, 2006

Gerüchteküche

Über die Jahre, in denen ich mich mit Computern beschäftige, habe ich schon verschiedenste Dinge ausprobiert. Vor allem hat über die Jahre ein bunter Strauß von Betriebssystemen meine Disketten und Festplatten bevölkert. Anfänge mit MS-DOS, Windows 3.0, dann die Abkehr vom Mainstream und der Umstieg auf OS/2 (ja! Version 2.1 bis 4.0, von 1993 bis 1998) und Linux, nun bin ich bei MacOS gelandet. Jedes dieser Systeme hat seinen eigenen Charme und seine eigene Community, deren Mitglieder mit einer teils missionarischen Hingabe versuchen, den Gospel unter die Leute zu bringen.


Selbst dem Außenstehenden bleibt nicht verborgen, dass die Apple-Community zu den eher stärkeren Vertretern ihrer Gattung gehört. Daher war mir beim Umstieg auf MacOS auch klar, dass ich nach der Linux-Welt mit ihrer eigenen Arroganz ("Wenn Du's nicht kannst, hast Du's nicht verdient") nun ein neuer Glaubensgrundsatz herrscht ("Steve").


Total überrascht war ich hingegen von der Gerüchteküche, die sich um "all things Apple" dreht. Auf den entsprechenden Websites wird jeder Furz, der in Cupertino gelassen wird, zu einem Ereignis von Weltrang hochsterilisiert. Die Kreativität der Community zu beobachten, mit der Screenshots von möglichen Produkten erstellt werden, ist zum Teil echte Zeitverschwendungatemberaubend.

Eben landete eben folgende Meldung in meinen RSS-Reader, die den Informationshunger der Apple-Community auf die Spitze treibt.:


geruechtekueche2


Whoha! Echte Neuigkeiten. Film um 11.

Samstag, November 25, 2006

Pimp my Stasiakte

Heute neu bei SPON: Stasi bespitzelte jahrelang Horst Köhler. Jedoch heißt es in dem Artikel: "Was in Köhlers Stasi-Akte steht, bleibt jedoch vorerst geheim." Ist vielleicht auch besser so. Es könnte möglicherweise das Image unseres Bundespräsidenten als verwegener Haudegen in Frage stellen, wenn Details aus seinem Leben als "Leiter des Ministerbüros und Leiter der Unterabteilung I A im Bundesministerium der Finanzen" ans Tageslicht kommen. Vielleicht ist in der Akte die eine oder andere Spur von Vandalismus (Dienstag, 12.08.1986: verbogene Büroklammern aus Ministeriumsbestand im Papierkorb Köhlers gefunden) oder Anarchie (Freitag, 22.11.1985: blauen Anzug getragen) zu finden, doch insgesamt stelle ich mir die Veröffentlichung nicht als das am meisten erwartete Literaturereignis seit Harry Potter vor.


Wenn es die Stasi 1993 noch gegeben hätte, wäre man dort vielleicht von selbst drauf gekommen, die Observierung des mittlerweile zum Präsidenten des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes aufgestiegenen Köhlers aufzugeben, weil man soviel Langeweile selbst dem gestandensten I.M. nicht zumuten konnte. Sogar in der DDR nicht.

Freitag, November 24, 2006

Mal Ordnung in den Laden bringen

Am Donnerstag stand ich vor einem argen logistischen Problem: Es waren keine sauberen Socken mehr in der Schublade. Zumindest keine mehr, die ich zur Arbeit anziehen kann und keine, die ich um diese Jahreszeit anziehen will. Diese Situation erkennend machte ich mich in Frankfurt nach einem Termin noch auf die Suche nach einem Kaufhaus. Auf der Zeil fand ich auch schnell die örtliche Filiale meines favorisierten Kleidungskaufhauses, deren Sockenmehrfachpacks nicht nur preiswert, sondern auch bequem sind.


Leider gab es die richtige Größe nicht mehr in dem großen Wühltisch (heißen die Dinger nicht "Schütte"?), nur noch hunderte von Paaren in der zu großen Größe, bei der ich sicher sein konnte, dass die Ferse auf der Wade hängt. Die erste Verkäuferin konnte mir nicht helfen, da sie aus einer anderen Abteilung war, der zweite Verkäufer in der Hemdenabteilung, dann aber schon. Er öffnete die Schublade unter dem Wühltisch und reichte mir den letzten Sockendreierpack (schwarz, Größe 39-42).


"Den letzten?" fragte ich mich ungläubig. Das kann doch nicht sein, da muss man doch dem Laden ein wenig unter die Arme greifen. Wofür bin ich denn schließlich mit dem Mann zusammen aufgewachsen, der im zentralen Einkauf dieser Kette diese Artikelgruppe betreut. Schnell ans Telefon!



Ich: Du, ich stehe hier gerade vor Eurem Haus auf der Zeil in Frankfurt und wollte nur schnell Bescheid sagen, dass ich den letzten Dreierpack Socken in schwarz, Größe 39-42 gekauft habe. Vielleicht schickst Du mal welche hin. Nicht 43-46, davon sind noch reichlich da.


Er: Ich betreue die Socken zwar erst ab Dezember, aber ich sag der Kollegin Bescheid. Wenn Du möchtest, rufe ich auch sofort den Abteilungsleiter an und schicke ihn zu Dir. Bist Du noch im Haus?



Ich mag es, im Einzelhandel zuvorkommend bedient zu werden. Doch den Abteilungsleiter brauchte ich doch nicht zu sprechen. Ich bin sicher, dass mein Kontakt im zentralen Einkauf sich die Gelegenheit nicht nehmen ließ, den Mann auf den Topf zu setzen, wie er denn diesen überlebenswichtigen Standardartikel (schwarz, 39-42, 5,90 Euro) so vernachlässigen konnte.

Montag, November 20, 2006

Wann ist "nächsten Dienstag"?

Heute ist Montag und ich versuche, mich per Mail mit H. zum Essen zu verabreden:



Ich: Wann gehen wir eigentlich mal wieder essen? Nächsten Dienstag?


H.: di in 8 tagen?




Jawohl nächste Woche Dienstag. Und ich muss endlich verinnerlichen, dass bei Wochentagen die Formulierung "nächsten x" nur im Rheinland automatisch auf "übernächsten x" abgebildet wird, wenn heute x-1 ist.


Das gilt allerdings auch für Wochenenden: Angenommen, heute ist Donnerstag und ich sage "nächstes Wochenende" -- damit meine ich das Wochenende, das die folgende Woche abschließt. Was aber, wenn heute erst Montag ist? Dann wäre "nächstes Wochenende" zumindest so mehrdeutig, dass ich nachfragen würde.


Kurze Verifikation mit dem Kollegen, der in Münster aufgewachsen ist:



Ich: Wenn heute Donnerstag wäre und ich sage, dass wir uns nächstes Wochenende treffen. Welches Wochenende meine ich dann?


Er: Ich würde sagen, das Wochenende drauf.



Das macht es nicht einfacher. Aber es hat auch niemand gesagt, dass die Welt für einen Linguisten ein besonders einfacher Ort ist.

Sonntag, November 19, 2006

Shabbat Shalom, motherfuckers!

Wo wir gerade bei witzigen Filmen sind: Habe mich gestern abend halb totgelacht über The Hebrew Hammer, eine jüdische Parodie auf Shaft und verwandte Filme. Bestimmt sind mir zwei Drittel der Witze entgangen, da ich die gängigen Klischees über amerikanische Juden dann doch nicht so gut kenne, aber das verbleibende Drittel war schon prima. Mit solchen Details wie dem Subway-Schild kriegt man mich garantiert rum.


The Hebrew Hammer

(c) 2003 ContentFilm & Jericho Entertainment

Borat nun doch nicht so schlimm

Nun hat es sogar der Kasache selbst eingesehen. Die offizielle Website inform.kz zitiert aus einer kasachischen Boulevardzeitung:


"Cultural Learnings is certainly not an anti-Kazakh, anti-Romanian or anti-Semitic ... It is a cruelly anti-American movie," the newspaper said. "It is amazingly funny and sad at the same time."

Und diese Einschätzung deckt sich ziemlich genau mit meiner. Bin sehr gespannt drauf, was der Schwager in spe von seinem mehrwöchigen Aufenthalt in Kasachstan erzählt, wenn er morgen zurück kommt.

Samstag, November 18, 2006

Musste gerade ziemlich über den Namen des RSS-Feeds der Titanic-Website lachen:


http://www.titanic-magazin.de/ich.war.bei.der.waffen.rss

Dienstag, November 14, 2006

Alarm?

Im Nebenbüro steht ein großer, schwarzer Rollkoffer mit einem kleinen, goldenen Schleifchen am Griff. Keiner von den Kollegen weiß, wem der Koffer gehört. Ich gehe davon aus, dass es sich um eine Kofferbombe handelt (obwohl der Koffer zu leicht ist für so etwas -- aber was weiß ich schon von Bombengewichten?). Was tun? Den freundlichen Kollegen vom Service-Management benachrichten, um eine kontrollierte Sprengung herbeizuführen? Direkt beim Kampfmittelräumdienst anrufen?


Viel besser: Wir stellen den Koffer in den Paternoster und spielen russisches Roulette!

Sonntag, November 12, 2006

Zurück vom Fußball

f95-fcstpauli


Klar ist es für den gebürtigen Düsseldorfer, der letztlich doch zum FC St. Pauli konvertiert ist, ein Pflichtermin, wenn Pauli in Düsseldorf spielt. Gründe gibt's genug: Die in der Heimat gebliebenen und dorthin zurückgekehrten Freunde und das neue Stadion die neue Multifunktionsarena, in der ich auch noch nie war. Habe ja viel drüber über gehört, über das Erwinodrom die LTU-Arena. Um es kurz zu machen: Der Termin war Pflichttermin im Kalender, seit klar war, dass weder Fortuna noch St. Pauli in der letzten Saison die Drittklassigkeit überwinden würden und noch mindestens ein weiteres Jahr in derselben Liga spielen würden.


Treffpunkt war Samstag um 13 Uhr im U-Bahnhof am Hauptbahnhof. Wir waren zu sechst, aber längst nicht allein auf dem Bahnsteig. Der quoll schon über vor Leuten, ein Meer aus rot-weiß, aber auch der vereinzelte Totenkopf oder Akzente von braun-weiß waren zu sehen. Was nicht zu sehen war, waren die extralangen Züge der Linie U78, die um diese Zeit die ca. 20.000 Besucher im 3-Minuten-Takt zum Stadion fahren sollten. Nach zwanzig Minuten wurde das Gedränge doch ein wenig viel und die Vermutung, dass die Rheinbahn nicht mitbekommen hat, dass für das Spiel ca. 17.000 Karten im Vorverkauf weggegangen sind, drohte sich zu bewarheiten.


Die Ansage gab Gewissheit: Schaden eines Stromabnehmers, derzeit kein Zugverkehr. Dann ging das Wettrennen um die Taxen los. Mit dem Taxi zum Stadion? Sowas gibt es ja eigentlich gar nicht, aber wir waren nicht die einzigen, die diese Idee hatten. Zum Glück steht hinter dem Hauptbahnhof ein nimmer versiegendes Füllhorn an Taxen, ganz anders als an den anderen Haltestellen der Bahn, die wir auf dem Weg in den Düsseldorfer Norden passierten. Dort standen hilflos den vorbeifahrenden Taxen hinterherwinkende Trauben von Menschen. Uns blieb nicht viel übrig als außer freundlich zurückzuwinken.


Am Stadion war es unglaublich voll. Das Sicherheitspersonal hatte an den Personenkontrollen alle Hände voll zu tun. Besonders in solchen Fällen, bei denen der Besucher versuchte, eine eigene Digitalkamera ins Stadion zu schmuggeln, um von Block 156 im Oberrang aus das eine oder andere Erinnerungsfoto zu machen. Dann muss man nämlich dem vollkommen fassungslosen Besucher klarmachen, dass er sich jetzt gegen den Strom durch die Menschenmenge zurückdrängen muss, um bei dem blauen Container dahinten die Kamera in die Sicherheit des Stadionpersonals zu übergeben. Dadurch macht man sich nicht besonders beliebt bei den Gästen. Man muss dann auch etwas von Stadionordnung faseln und von "wenn einer die Kamera an den Kopf bekommt, wenn sie geworfen wird".


Am blauen Container treffen sich mehrere ungehaltene Leute, denen ins Gesicht geschrieben steht, dass sie unautorisierte, nicht vom Rechteinhaber DFB lizenzierte Bilder des Regionalligaspiels machen wollen. Was für eine Schikane! Einer der Momente, in denen ich mich frage, in was für einer Welt wir eigentlich leben. Vor allem, weil nur die Leute die Kameras abgeben mussten, die beim Abtasten so kooperativ waren, zu sagen, dass sich in der Jackentasche ein Fotoapparat befinde. Alle anderen Kameras und Mobiltelefone dürfen selbstverständlich mit ins Stadion.


Mal abgesehen von den prinzipiellen Erwägungen wäre es schon angemessen gewesen, die Besucher mit Hilfe von Schildern auf das Verbot von Bildaufzeichnungen im Stadion hinzuweisen. Hätte einigen Ärger erspart, wäre aber wahrscheinlich nicht praktikabel gewesen, weil das Stadionpersonal sich sonst damit konfrontiert gesehen hätte, auf mehrere zehntausend Telefone und Kameras aufpassen zu müssen.


Zum Glück hat das Spiel eine halbe Stunde später angefangen als ursprünglich angesetzt. Es waren immer noch tausende Besucher unterwegs und ich glaube, dass auch eine ganze Menge Besucher das 1:0 durch Palikuca nicht live gesehen haben, weil sie zu diesem Zeitpunkt noch versuchten, ins Stadion zu kommen. Der Rest des Spiels ist auch St. Pauli Sicht auch nicht erwähnenswert. Der Treffer von Lechner war sehr schön, ging aber leider ins falsche Tor. Danach lief gar nichts mehr. Schade, dass St. Pauli sich danach durch ein eher ruppiges als elegantes Spiel hervortaten.


Immerhin hatten die Düsseldorfer einen gelungenen Karnevalsauftakt an diesem 11.11. und ich weiß ja, dass wir diese Niederlage am 12. Mai 2007 wieder gutmachen werden. Dann müssen die Freunde auch mit mir in die Gegengerade, daran gibt es kein Vorbeikommen.

Hier mal etwas Ungewöhnliches (man soll ja nicht nur alltägliches bloggen): Mein Zug heute war bei der Abfahrt aus Düsseldorf pünktlich und kam nur vier Minuten nach Plan in Hamburg an.

Samstag, November 11, 2006

Ein Hinweis an alle, die noch nie in ihrem Leben Zug gefahren sind: Auf den Reservierungsschildern im InterCity steht "ggf. freigeben" und nicht "ggf. freigegeben" -- auch wenn Ihr alle die zweite Variante lest und ungläubig fragt, was das denn schon wieder heißen möge. Ach, wo wir gerade beim Thema Platzreservierungen sind: Komisch, dass es eine Relation gibt zwischen der Poltrigkeit, mit der man einen angeblich reservierten Platz einfordert und der Wahrscheinlichkeit, dass man sich im falschen Wagen befindet.

Freitag, November 10, 2006

Heute mittag, kurz vor dem Aussteigen aus dem InterCity, als ich etwas hektisch meine Sachen aufsammelte, lag das Buch, das ich zurzeit lese, auf dem Sitz. Philipp Roths "The Plot Against America" ist ein sehr spannender Roman. Es sieht jedoch zugegebenermaßen ein wenig reißerisch aus. Der Titel prangt in Versalien auf dem Cover, das zentrale Bildmotiv ist eine durch Prägung hervorgehobene Briefmarke. Auf die faksimilierte 1 Cent Marke mit einer Flusslandschaft aus dem Yosemite Park ist, und das lässt das Buch auffallen, ein fettes Hakenkreuz gedruckt.


Die Jurastudentin aus Osnabrück, die neben mir saß, guckt sehr offensichtlich auf das Buch, doch bei ihrem Blick bin ich nicht sicher, ob sie den Titel interessant findet, oder sich fragt, ob der kurzhaarige(!!!) Typ neben ihr einen außergewöhnlich zweifelhaften Literaturgeschmack hat.


Das Buch ist nicht ganz so übel, wie es aussieht.

versuche ich die Situation zu retten. Warum kann es mir in solchen Situationen nicht mal egal sein, was andere von mir denken? Warum muss ich meine Literaturauswahl vor wildfremden Menschen rechtfertigen?


Berechtigte Frage, ist aber leicht zu beantworten, indem ich kurz von einem traumatischen Erlebnis berichte, das ich ca. 1990 in der Stadtbücherei in Düsseldorf hatte. Ich stand an der Ausleihe und legte dem Bibliotheksmädchen das Buch hin, das ich gedachte auszuleihen: Frederik Forsyths "The Odessa File". Ob das "ss" in Odessa als SS-Runen gesetzt war, weiß ich nicht mehr. Auf jeden Fall zierte diesen Buchdeckel ebenfalls ein Hakenkreuz.


Dann fielen die Worte, die sich in mein Hirn eingebrannt haben, die ich mein Lebtag nicht vergessen werde, die mich auch heute noch darauf achten lassen, im richtigen Moment das richtige Buch dabei zu haben. Denn -- das habe ich in diesem Moment mit der Härte eines 16-Tonnen-Gewichts gelernt -- man wird nicht zuletzt aufgrund seines Literaturgeschmacks mit Sympathien versehen


Mit dem Ton echter Enttäuschung sagte die junge Frau:


Na immerhin ist es auf Englisch.

Donnerstag, November 09, 2006

Liberales Singapur

SPON berichtet, dass das Strafrecht in Singapur in Bezug auf verschiedene Sexualpraktiken liberalisiert werde, allerdings mit einer Einschränkung:


"Homosexualität ist in Singapur weder akzeptiert noch wird sie toleriert", zitiert die regierungsnahe Zeitung "Straits Times"

Und die sind sicher, dass sie sich beim Namen der Zeitung nicht verschrieben haben? Sollte die nicht eher "Straight Times" heißen?

Sonntag, November 05, 2006

Campusradio

Als Student hat man ja üblicherweise reichlich Flausen im Kopf. Tolle Ideen, grandiose Vorstellungen, die Welt kann mich nicht verstehen liegt einem zu Füßen. Aber man muss sich auch davor hüten, allzu altklug zu klingen. Sonst kann es passieren, dass man die Umstehenden mit einem Zitat nervt, wie ich es beim Nouvelle Vague Konzert im Dezember vor zwei Jahren hören konnte:


Die Teilnahme am politischen Diskurs sollte der moralische Imperativ sein.

sagte der ziegenbarttragende, neunmalkluge Drittsemestertyp hinter mir zu der Frau, die ihn anhimmelte. Dazu fiel mir nichts anderes ein als "Warum nicht einfach mal gepflegt eins auffe Fresse hauen?". Bin natürlich viel zu zivilisiert, um einem solchen Impuls nachzugeben, aber seinen Spitznamen für den Abend hatte der Typ sicher; spätestens zu dem Zeitpunkt, als er den gottgleichen Gesang der Sängerin bei "Guns of Brixton" mit dem Beweis seiner eigenen Textsicherheit übertönen musste.

Samstag, November 04, 2006

Wort gesucht!

Gestern abend haben R. und ich zum zweiten Mal ein Videotelefonat geführt. Habe ja schon vor einigen Tagen berichtet, wie gut das mit iChat funktioniert. Doch eine Sache fehlt mir: ein Verb.


Die bisher verwendeten Ausdrücke gefallen mir nicht. Hier eine kleine Auswahl: "Bildtelefonieren" klingt ziemlich nach den Achtziger Jahren. Wer "videochatten" sagt, benutzt in Wörtern mit Internet-Bezug bestimmt auch ein "@" für ein "a". "Videofonieren" habe ich noch nicht in freier Wildbahn gehört, fällt aber ebenfalls durch. "Videokonferenz abhalten" erinnert mich fatal an meine Arbeit, das möchte ich im Gespräch mit Freunden vermeiden.


Ist also ein Problem. Vielleicht können sich die Sprachpfleger vom Verein Deutsche Sprache oder von der Aktion Lebendiges Deutsch dieses Problems annehmen. Oder aber Ihr, liebe Leser. Hat jemand eine gute Idee, wie diese lexikalische Lücke zu schließen ist?

Donnerstag, November 02, 2006

Und ob sisch dat lohnt!

Heute erwähnte die hochgeschätzte Elle in einem Text, dass der zukünftige Gatte ihr gleich zwei Töpfe Rübenkraut gekauft habe. Für die, die Rübenkraut nicht kennen (und das werden außerhalb des Rheinlands schätzungsweise nicht wenige sein), sei erstens auf die Wikipedia verwiesen und zweitens gesagt, dass es sich um einen der großartigsten Exportartikel des Niederrheins handelt.


Bekannt ist vor allem das Produkt der Firma Grafschafter in seinem markanten, gelben Pappbecher. Doch es gibt auch andere Hersteller. Meine Mutter wurde bei einer Tour durch den Niederrhein auf eine kleine Krautmanufaktur aufmerksam, bei der sie ein paar Gläser direkt vom Hersteller erstand. Eins dieser Gläser landete bei mir, schmeckte sehr und war viel zu schnell leer.


Auf der Suche nach Nachschub rief ich beim Hersteller, der Krautfabrik Spelten, in Wegberg an. Ich sprach mit Frau M., deren breiter rheinischer Dialekt sofort heimische Gefühle in mir weckte. Ob ich denn den leckeren Brotaufstrich auch in Hamburg kaufen könne?


Näää, allso, dat ess so ne regionale Sache, datt kriegense in Hamburg nit. Da müssen se mal vorbeikommen, wenn se in der Gegend sind.

Schade, aber gibt es nicht vielleicht doch eine Möglichkeit?


Watt wer mache könne, ess datt isch ihne ein paar Gläser schicke, Aber wissen se, dat is teuer, dat lohnt sisch eigentlich nit.

Mein Interesse war geweckt: Doch, doch, Frau M., sagen sie mal, was haben Sie denn für Produkte?


Wir ham dat Rübenkraut, Apfelkraut, Apfelkraut ungesüßt, Birnenkraut, Birnenkraut ungesüßt und Pflaumenmus.

Klingt aber sehr interessant. Und was würde das Porto kosten?


Allso, bis fünf Killo kost dat soundso viel, bis zehn Killo isset etwas preiswerter. Aber wissen se, eigentlisch lohnt sisch dat nit.

Ich konnte Frau M. dann doch noch davon überzeugen, dass ich gerne Kunde werden würde, habe die Freundin S. -- ebenfalls ein expatriate des Rheinlands -- für eine Sammelbestellung gewinnen können und schließlich bei Frau M. ein großes Paket bestellt.


Ein paar Tage später hatten meine Nachbarn ein Paket für mich entgegengenommen. Ganz vertrauenserweckend sah das nicht aus.


speltenpaket

So gut die Brotaufstriche der Firma Spelten auch schmecken, an ihren Versandverpackungen müssen sie noch ein wenig arbeiten. Der extra-weiche Karten (Inhalt: immerhin 10kg Marmelade) war wenig formstabil, gefüllt mit Styroporchips und gut 15 wild durcheinandergewürfelten Gläsern. Eins davon war kaputt -- zum Glück kein Rübenkraut, sondern das extrem dickflüssige ungesüßte Apfelkraut, das durch schiere Eigenklebekraft das zerbrochene Glas zusammenhielt.


img_2082

Bis auf diesen Verlust war die Freude groß. Frau M. schrieb mir das kaputte Glas gut ("Wissen se, ihnen Ersatz zu schicken, dat lohnt sisch nit.") und über Monate hinweg hatte ich genug Krautaufstrich, um mir die Frühstücke zu versüßen.


Nun sind die Vorräte aber schon seit einiger Zeit aufgebraucht und ich hätte gerne Nachschub. Wie groß ist die Rheinland--Fraktion hier? S.? Elle? Sammelbestellung irgendjemand?

Mittwoch, November 01, 2006

Judith? Bist Du es?

Seit fast einer Stunde warte ich hier auf den Elektriker, der um 8 Uhr da sein wollte. Doch dafür, dass die Zeit nicht zu lang wird, sorgt ein Telekommunikationsunternehmen, das mich mit einer vorgelesenen SMS belästigt.


Als mir die Stimme zum ersten Mal ihr


Wir haben eine SMS-Kurznachricht für Sie.

ins Ohr schepperte, war ich wie von Sinnen, sprang vom Stuhl und holte in Hoffnung, dass Judith nun doch zurückkomme, den Vorschlaghammer raus.


Doch nichts dergleichen. Stattdessen hörte ich die vom Computer genuschelte Nachricht:


Wir sind jetzt fast zu Hause. Vielen Dank für die Bleibe und die vollpensionäre Verpflegung.

Nett, aber ich hatte keinen Besuch. Dafür durfte ich die Nachricht aber in der folgenden Viertelstunde ungefähr fünfzehnmal anhören. Das Telefon klingelte mit der berüchtigten 19310-Nummer im Display und noch während ich dran ging, klingelte es -- ISDN sei Dank -- auf dem zweiten Kanal gleich nochmal.


Nun ist Ruhe, der Elektriker war da und ich mache mich auf den Weg ins Büro.