Dienstag, Oktober 31, 2006

Im Büro ist keine Konzentration notwendig

Bei Putzmitteln bin ich ein großer Freund des Konzentrats. Die Idee, Produkte soweit einzudampfen, dass sie deutlich weniger Platz wegnehmen, finde ich ganz, ganz praktisch. Gut, dass ich angefangen habe, meine Wäsche selbst zu waschen, als es schon Waschmittelkonzentrate gab und ich nicht in die Verlegenheit gekommen bin, diese unmäßig großen Waschmitteltonnen durch die Gegend zu schleppen -- geschweige denn, diese auch noch in meiner Studentenwohnung unterzubringen. Der einzige Zweck dieser Tonnen war wohl, meinen Geschwistern und mir als Aufbewahrungsort für Bauklötze zu dienen. Dafür waren sie tatsächlich ganz gut geeignet, wenn auch die Restentleerung einer solchen Tonne nicht einfach war: Ich erinnere mich an einen leichten Waschmittelduft an den Bauklötzen, doch ich schweife ab.


Zurück zum Konzentrat: Also, im allgemeinen eine exzellente Sache. Nur in einem Anwendungsbereich halte ich Konzentrat für vollkommen fehl am Platz: in unserer Büroküche. Mehrere zig Kollegen kommen ein bis mehrere Male am Tag mit ihrem Kaffeebecher in die Küche und spülen den Becher durch. Dafür wird -- selbstverständlich -- auch immer ein wenig Spülmittel verwendet, allerdings tendenziell eher mehr als nur ein wenig. Muss ja sauber werden, der Becher, und viel hilft viel. Also wird die Spülmittelflasche einmal draufgehalten, bis sich ein ordentlicher Klecks im Becher gebildet hat. Dann Wasser drauf und reichlich Schaum produzieren, der dann auch wieder abgespült werden muss.


Der Spülmittelingenieur steht im Geiste daneben und schüttelt den Kopf: Jahre hat er darauf verwendet, dass mit nur einer stecknadelkopfgroßen Menge seines Spülmittels das Geschirr einer ganzen Kompanie gereinigt werden kann, und was machen die Banausen? Benehmen sich so, als ob es seit 1992 keine Innovationen im Bereich Reinigungsmittel gegeben habe.


Mein Vorschlag: Speziell für solche Einzelspüloasen wie Büroküchen sollte man kein konzentriertes, sondern im Gegenteil verdünntes Spülmittel anbieten. Davon darf's ruhig auch mal ein bisschen mehr sein, ohne dass die Hamburger Wasserwerke einen C-Alarm ausrufen müssen.


Der Wasserverbrauch wäre niedriger, die Belastung des Abwassers mit Tensiden ebenfalls und dem Hygienebedürfnis der Nutzer wäre Genüge getan. Lediglich die Hersteller würden in die Röhre (den Abfluss?) schauen, weil dieser Retro-Schritt die Verkaufsargumente für ihre Produkte (noch stärker, noch fettlösender) untergraben würde.


Als Alternative könnte ich auch in Guerilla-Manier die sich leerende Flasche immer wieder mit Wasser auffüllen und somit die Nutzungsdauer des Spülmittels drastisch erhöhen.

Sonntag, Oktober 29, 2006

Polyphonie jetzt!

Eine Anregung für die Ingenieure im Publikum: Könnt Ihr nicht bitte mal ein wenig der Energie, die Ihr sonst dafür aufwendet, stumme Alltagsgeräte in fiepende, wimmernde und dudelnde Alltagsgeräte zu verwandeln, darauf investieren, einen Eierkocher zu bauen, der nicht klingt wie die Sirene auf dem Dach der Schulaula? Ich will keine Klingeltöne aufspielen oder ähnlichen Zeitvertreib -- bloß nicht mehr tot vom Stuhl zu fallen vor Schreck, wenn das Frühstücksei fertig ist, wäre schon ein riesiger Fortschritt.

Donnerstag, Oktober 26, 2006

Die Zukunft hat mal wieder begonnen

Gerade eben war einer der Momente, in denen ich das Gefühl hatte, dass für mich eine neue Ära anbricht: Mein erstes privates Videotelefonat. Da die Freundin in Kanada nun auch einen Computer mit Kamera und einen Breitbandanschluss hat, konnten wir mal ausprobieren, ob iChat wirklich so nett funktioniert wie bei den Apple Stevenotes. Tut es. Ganz eindeutig. Noch ist die Bildqualität weit weg von High Definition, der Ton klingt wie bei einer Mobilfunkverbindung aus dem Jahr 1999, aber: es geht! Sogar sehr einfach. Bin begeistert.

Mittwoch, Oktober 25, 2006

Leben mit Strom

Wer in meinen Terminkalender für die nächste Woche guckt, könnte den Eindruck gewinnen, dass ich ein Strom-Junkie bin. Ist aber nicht so, ist reiner Zufall.


kalendereintrag


Aber, hmmm, wenn ich den Elektriker am Mittwoch etwas zweckentfremde und ihn nicht nur nach dem defekten Lichtschalter schauen lasse, kann ich mir vielleicht die folgenden Sitzungen beim Orthopäden sparen -- Strom ist schließlich Strom, und der Elektriker wird ja hoffentlich gelernt haben, wie man mit dem Zeug umgeht.

Dienstag, Oktober 24, 2006

Jörg Geiger, der Außerirdische

Die heutige "Sprachblüte des Tages bei SPON" wird präsentiert von Jörg Geiger im Interview zu Windows Vista:


In den Lizenzbestimmungen steht auch explizit, dass das System ab und zu nach Hause telefoniert.

Damit kann ich mein kleines Lexikon aktualisieren, in dem ich Redewendungen auf Personen abbilde:


  • nach Hause telefonieren: E.T., Jörg Geiger

  • zu Hause anrufen: alle anderen

Montag, Oktober 23, 2006

Die Apostroph-Mafia schlägt wieder zu

Ist zwar mittlerweile ein wenig altbacken, sich über die neuen Variationen der Apostroph-Verwendung zu mokieren, aber bei dem Beispiel, das mich heute in einer Mail erreichte, hatte ich Tränen in den Augen.

Krawatten in 50 verschiedenen Farben und Design´s
(Paketangebot: 3 kaufen und 4´te geschenkt)

Sonntag, Oktober 22, 2006

Kleinstkunst am Freitagabend

Schon nach wenigen Minuten nach Beginn der Show in Alma Hoppes Lustspielhaus war klar, dass ich die Veranstaltung früher verlassen würde. Eigentlich schade drum, denn ich hatte mich auf den Abend mit den Kollegen gefreut: Zuerst essen gehen, dann ins Theater. War zwar noch nie ein besonders großer Freund des Kabaretts, aber das Leben ist ja auch mal für eine positive Überraschung gut. Für mich leider nicht in diesem Fall.


Auf dem Programm standen "Die Glücksforscher", oder -- um mit dem Programm des Hauses zu sprechen:


Dieses Programm montiert die aktuelle Politik zu einer Kabarett-Fiction der gemeinen Art: die beteiligten Akteure in Politik, Wirtschaft und Medien werden konsequent durchbeleidigt, dass es eine Freude ist. Und die Unbeteiligten werden ebenfalls in löwenscharfen Senf getaucht. Wenn die Zukunft schon im Halbdunkel liegt, sollte der Humor rabenpechschwarz sein.

Au weia. Gut, dass ich das nicht vorher gelesen habe. Was ich in der ersten Hälfte der Show sah, war ein par force Ritt durch alle gängigen Klischees: Politikerbeleidigungen, das Rumhacken auf Managern, das Nachäffen von Maklern, und die Zurschaustellung grenzdebiler Hotelbedienungstürken im all-inclusive Ambiente.


Wer jedoch großflächig ausgespart wurde, war der bärbeißige, mittvierzigjährige, linksliberale, lederwesten- und schnauztragende Angestellte und Beamte im mittleren Dienst. Wäre ja auch ein wenig viel verlangt gewesen, die eigene Klientel mit den gleichen Platitüden zu versehen, wie "Diedaoben". Bis auf den einen Zuschauer auf dem Opfersitz in der ersten Reihe -- aber wer sich bei Kleinkunst in die erste Reihe setzt, schreit ja geradezu danach, in die Deppenrolle gedrängt zu werden. Der und alle anderen, die sich gesellschaftlich ausreichend weit von den Besuchern des Theaters entfernt befinden, wurden mit einer fies riechenden Soße aus Mittelmäßigkeit übergossen.


Es tut auch niemandem weh, wenn man über Roland Koch die unglaublich innovative Feststellung trifft, dass er aussehe wie ein Schwein. Nee, was haben wir gelacht darüber. Doch Innovativität war eh nicht die Stärke des Duos Petersen/Loenicker. Hätten sie ein wenig künstlerischen Anstand, wäre es ihnen vielleicht albern vorgekommen, einen monologisierenden Zeitungsverkäufer zu verkörpern, der mit schnoddrigem Hamburger Dialekt die Schlagzeilen der tagesaktuellen Boulevardpresse kommentiert. Sowas gibt's schon, hat sogar 2005 einen Grimme-Preis in Gold gewonnen. Oder ist die Aufmerksamkeitsspanne der Zielgruppe so kurz, dass man annahm, Dittsche sei schon vergessen?


Die einzige blatante Kopie? Beileibe nicht: Zu dem Satz "Geld allein macht nicht glücklich." dichteten Kettcar schon im Jahr 2002 "Aber irgendwie doch besser im Taxi zu weinen als im HVV-Bus, oder nicht?" Heute heißt es bei Petersen/Loenicker dazu in etwa "Besser in der eigenen Limousine zu weinen, als im vollbesetzten Bus".


Das ganze findet unter der Regie von Henning "Sesamstraße" Venske statt, der sich vor vielen Jahren mit dem Kinderhörspiel "Als die Autos rückwärts fuhren" tief in mein Herz geschrieben hat. Diese Schallplatte war und ist ein prima Beispiel für anarchischen Humor, der subtil an Autoritäten wie Eltern und Lehrern kratzt. Doch leider war von dieser Spritzigkeit an diesem Abend nicht mehr viel zu sehen.


Die Pause kam und erlöste mich. Mit meinen Kollegen war es zum Abschied noch vergnüglich, danach spielte mir auf dem Weg zur Bushaltestelle am Winterhuder Markt mein iPod die 1:40 lange Antwort von Tocotronic auf solche Kleinstkünstler vor:


Ich will nicht schlecht über Euch reden / Ist ja doch bloß primitiv. / Ich verachte euch wegen / Eurer Kleinkunst zutiefst.

Donnerstag, Oktober 19, 2006

Selbstzensur: Bitte um Teilnahme.

Polnische Zöllner feuern Warnschüsse auf deutschen Dampfer

titelte SPON heute morgen um 07:22. Seitdem beiße ich mir auf die Zunge und überlege, ob mein spontaner Kommentar dazu nicht wegen Geschmacklosigkeit der Selbstzensur zum Opfer fallen muss.


Ich kann ja mal versuchen, eine Andeutung zu machen, und Ihr sagt mir, ob das noch zu rechtfertigen ist: 05:45 Uhr!

Dienstag, Oktober 17, 2006

ebay: ein Nervenkrimi

Innerhalb der letzten 45 Sekunden ging der Preis meines alten Bettes von 1 Euro auf 28 Euro hoch. Yay! Wer in Zeiten von ebay noch Sachen zum Sperrmüll schleppt, ist selbst schuld.

Was macht eigentlich...

Admiral Ackbar?


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Nach dem Sieg über das Imperium und seiner ehrenvollen Entlassung aus den Streitkräften der Neuen Republik verbringt er seine alten Tage als Glitzerfisch im Biodome in Montreal. Aber aufpassen: Der Fisch sieht nur freundlich aus, es ist in Wahrheit ein Piranha. It's a trap!


Und als kleines Goodie: Ein Ausflug ins Web Design der späten Neunziger Jahre.

Montag, Oktober 16, 2006

Québec: Je me souviens

Bin wieder da! So lang der Tag auf dem Hinflug nach New York war, so kurz war die Nacht mit dem Rückflug aus Montreal. Aus sechs mach zwölf Stunden, und obwohl ich den Tag über einigermaßen wach war, schlägt jetzt, am frühen Abend, die Müdigkeit der Zeitverschiebung zu.


Worauf blicke ich zurück? Zwei ganz tolle Wochen in sehr unterschiedlichen Städten mit vielen wunderbaren Leuten, die mich sehr herzlich aufgenommen haben. Nach der Woche in New York bin ich nach Montreal weitergereist und habe dort intensivst Familienleben mitbekommen. Ist ja nicht gerade so, als ob es im Freundeskreis gar keine Familien mit Kindern gebe, aber eine ganze Woche am Stück in eine Familie eingebettet zu sein, hatte ich schon lange nicht mehr. War sehr, sehr schön bei Euch! Ich erinnere mich gerne an die Zeit mit Euch vieren.


Montreal ist eine sehr interessante Stadt: Ich habe den Eindruck gewonnen, dass die Stadt ihre große Zeit irgendwann in den Sechziger und Siebziger Jahre hatte. Ein enormer Bauboom hat die Stadt mit Beton zugeschüttet, was heute furchtbar altmodisch und bedrückend wirkt. Dafür hat sich aber an anderen Stellen eine unglaublich lebendige Szene entwickelt, was sich punktuell in Unmengen höchst einladender Cafés niederschlägt. Passend dazu gibt's viele junge Leute, die alle ausgesprochen freundlich und gutaussehend waren. Klingt schmalzig, ist aber so.


Dazu kommt, dass ich die beste Jahreszeit für einen Besuch in Québec getroffen habe: Schon ausreichend kalt für eine ausgeprägte Laubfärbung, aber noch warm genug, um halbwegs leicht bekleidet auf die Straße geheen zu können. Zumindest an den ersten Tagen, danach habe ich mir eine dicke Erkältung eingefangen.


Bei Gelegenheit gibt's noch ein paar Fotos, jetzt muss ich zur Besichtigung der neuen Wohnung des nicht mehr ganz so treuen Lesers an der Fuhle, der seit drei Tagen nicht mehr an der Fuhle wohnt.

Donnerstag, Oktober 12, 2006

Vieux Montréal

Montreal ist für nordamerikanische Verhältnisse eine sehr alte Stadt. Die Altstadt "vieux Montréal" ist einer der touristischen Anziehungspunkte. Bin mir aber nicht so sicher, ob sich die Autoren dieses historischen Hinweises nicht nur einen Scherz erlaubt haben:



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Nur weil Kopfsteinpflaster hier sehr ungewöhnlich ist, muss das noch lange keine Römerstraße sein, die schon im Jahr 50 gebaut wurde.

Aufklärung eines Missverständnisses

Kurzer Hinweis an die Frauen: Wenn wir Männer sagen, dass wir Stiefel total geil finden, meinen wir damit enge, hohe Lederstiefel, bevorzugt mit einem kurzen Rock und evtl. einer Strumpfhose getragen. Wir meinen damit explizit nicht diese komischen Stulpenstiefel, in die man die labbrige Jeans reinsteckt. Das ist ein Missverständnis und wir versprechen, uns demnächst klarer auszudrücken.



Daher eine Bitte: In Zukunft wieder enge Stiefel tragen, ja? Danke.

Montag, Oktober 09, 2006

Mein neuer Freund Claude und ein bemitleidenswertes Stadion

Als touristische Attraktion für heute stand ein Besuch des Olympiastadions auf dem Programm. Bin, was Olympiastadien angeht, schon fast ein kleiner Groundhopper geworden: München und Sydney habe ich besucht, in Innsbruck bin ich zumindest schonmal am Bergisel vorbeigefahren und heute ist Montreal dran. Das markante Stadion mit dem eigenwilligen schiefen Turm liegt nicht weit von der Wohnung meiner Gastgeber im Plateau entfernt, eine kurze Fahrt mit dem 97er Bus soll mich zum Stadion bringen. Bin gespannt, denn Georg hat mich mit seinen Bildern und Berichten neugierig gemacht.



Busfahren in anderen Städten ist immer eine aufregende Sache. Wie kauft man die Fahrkarten? Welche Karten gibt es? Wie entwertet man die Karten? Fragen 1 und 2 hat mir R. schon beantwortet (ad 1: Beim freundlichen Lebensmittelladen "Dépanneur", ad 2: im Sechserpack), für Frage 3 habe ich mich an einen Herrn an der Haltestelle gewandt. War mir dann die nächsten zwanzig Minuten nicht sicher, ob das nicht ein törichter Fehler gewesen ist. Der Mann entsprach nicht gerade der Kategorie "Im Bus möglichst weit entfernt hinsetzen", sondern wirkte äußerlich halbwegs vernünftig. Bevor jetzt einer kommt und behauptet, ich möge die Mitmenschen nicht nach dem Aussehen beurteilen: Blödsinn. Muss man machen. Ist eine Überlebensgrundlage für ÖPNV-Benutzer (Nebenbemerkung: Ich erkenne mittlerweile schon beim Einfahren der U-Bahn, ob ein bestimmter Wagen oder ein Teil davon benutzbar ist oder nicht. Dazu muss ich nicht erst eingestiegen sein.) Ein besonderes Zeichen für hohe ökologische Angepasstheit ist, auch in fremden Städten/Ländern schnell einen Sinn dafür zu entwickeln, wie hier die Spinner aussehen.



In radebrechendem Englisch (das ungefähr die Qualität meines Französisch hat) versuchte der Mann mir zu erklären, dass ich die Fahrkarte in einen Kasten werfen muss und mir der Fahrer dafür einen Schnipsel in die Hand drückt, der mir beim Umsteigen als nächste Fahrkarte dient. Danke sehr. Mir hätte das als Konversation gereicht (mein Spinner-Sensor schlug doch ein wenig an), aber mein neuer Freund deutete mir an, dass er mit mir "Mein linker, linker Platz ist frei" spielen wollte. Na, OK, ist ja keine ewig lange Fahrt. In den zwanzig Minuten bis zum Olympiastadion haben wir ein paar grundlegende Dinge geklärt (Ich bin Tourist aus Deutschland, Hitler war keiner guter Mensch, in Deutschland regieren keine Faschisten, Montréal hat teure Mieten, dieses Gebäude dort wird bald abgerissen, der botanische Garten ist zu empfehlen, das da drüben ist eine Kirche, Benzin ist teuer). Wir haben uns einander vorgestellt und Claude sagte mir, dass ich sehr wenig Deutsch wirke ("You are so gentle."). Ich war aber doch recht froh, dass er mir nicht angeboten hat, auch noch den Rest des Tages miteinander zu verbringen.




Nächste Etappe: Stadion. Habe mich für das volle Paket entschieden. Besichtigung der Aussichtsplattform in knapp 200m Höhe und geführte Tour durch das Stadion. Die Frau an der Kasse wies zwar noch darauf hin, dass das Stadion etwas unaufgeräumt sei. Gestern habe ein Rave stattgefunden und die Party sei erst vor einer halben Stunde zu Ende gegangen. Wenn mich die Aufräumarbeiten nicht stören, könne ich die Tour gerne mitmachen.




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Um's kurz zu machen: So spannend das Stadion aus der Entfernung auch aussieht mit seinem geneigten Turm und der von Stahlseilen gehaltenen Dachkonstruktion, es ist eine totale Investitionsuine und völlig deprimierend. Zu einer Zeit gebaut, in der unverschalter Beton das Maß aller Dinge war, wirkt die Anlage heute nur noch bedrückend. Allen Retro-Trends zu Trotz ist der Charme der Siebziger Jahre nur etwas für ausgemachte Connoisseure. Andere schüttelt es nur ob dieser in Stein gegossenen Deprimiertheit.



Die Aussichtsplattform wurde erst im Jahr 1987 -- elf Jahre nach den Spielen -- fertig gestellt und eröffnet. In der Zeit dazwischen wird man sie auch kaum vermisst haben. Selten war ich auf einer Plattform, von der man so wenig sehen konnte. Es gibt kein Rundum-Panorama, man kommt nur auf 1m Entfernung an die Fenster heran. Es gibt einen deprimierenden Kiosk, zwei Getränkeautomaten und eine Inneneinrichtung, die sehr authentisch den Geschmack des Jahres 1987 widerspiegelt. C'est tout. Nach nicht einmal einer halben Stunde bin ich wieder unten; die Hälfte der Zeit davon habe ich im Reiseführer geblättert.



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Ein paar Minuten später geht die Stadionführung los. Henri sammelt meine beiden Mitstreiter und mich am Treffpunkt ein und beginnt seine Tour. Erste Station ist die große Schwimmhalle, die derzeit nicht benutzbar ist, weil ein neuer Pool für die Synchronschwimmer gebaut wird. Die Halle ist riesig, sie bietet Platz für 3.000 Gäste. 1976, bei den Spielen, fanden 9.000 Zuschauer Platz. Glaubt mir, die Halle ist verdammt groß. Heute wird sie als Trainingsbecken für den kanadischen Leistungssport verwendet. Aber Moment, war nicht 2005 die Schwimm-WM in Montreal? Naja, gibt Henri zu, aber dafür hat man ein neues Stadion auf einer Insel im Fluss gebaut, dies hier sei nicht passend gewesen.



Durch eine kleine Durchgangstür erreichen wir das Stadion. Die Aufräumarbeiten sind im vollen Gang, und das ist auch bitter nötig. Der Rave hat reichlich Müll hinterlassen. Außerdem müsste man mal ein Fenster aufmachen: Die ganze Kuppel des Stadions ist verhangen von letzten Schwaden des Trockeneisnebels der Nacht. Leider ist die Kuppel des Stadions fest fixiert und nicht mehr zu öffnen, wie es die ursprüngliche Planung vorgesehen hat.



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Henri erzählt von der Geschichte dieses Stadions: Nach den Spielen wurde das Dach fertig gebaut (zweimal -- die erste Dachkonstruktion aus Kevlar war ein Schuss in den Ofen), der Rasen und die Tartanbahn rausgerissen und nach einem Nachnutzungskonzeot gesucht. Seit den Achtziger Jahren gastierten hier eine Fußballmannschaft (die Liga wurde aufgelöst), Baseball (die Mannschaft ist umgezogen), Autoshows (Yay!), Konzerte (furchtbare Akustik, eine neue Halle wurde in der Innensadt gebaut) und der Papst (war danach nie wieder in Kanada). Beim Rave gestern abend kamen statt der erwarteten 12.000 nur 7.000 Gäste. Henri beschriebt das als Erfolg und klingt dabei ein wenig wie Friedbert Pflüger nach der verlorenen Landtagswahl in Berlin.



Mittlerweile kann ich verstehen, dass das IOC bei der Vergabe von olympischen Spielen sehr auf ein schlüssiges und wirtschaftlich tragbares Nachnutzungskonzept achtet. Hochachtung an die Leute in Sydney, dort konnte ich ein Stadion besichtigen, wo alles richtig aufgeht. Hier läuft gar nichts, und die Kredite für den Bau des Stadions werden auch erst im November 2006 abbezahlt sein.



Note to self: Dringend nochmal Reiseerfahrung mit Georg vergleichen, wenn ich wieder zurück bin.

Sonntag, Oktober 08, 2006

Der Indian Summer und eine lange Zugfahrt

Das war die längste Regionalbahnfahrt meines Lebens. Ca. 550 km von New York nach Montréal im Amtrak Zug Nr. 69. Sehr bequeme Fahrt, großzügige Sessel, eine Steckdose pro Platz -- aber für lumpige 550 km über elf Stunden im Zug zu sitzen, so etwas hatte ich noch nie.



Das GPS hat's angezeigt: Wir sind nie schneller als 80 km/h gefahren. Es gab aber auch einige Langsamfahrstellen, die wir nur mit 30 km/h passieren konnten. Dazu eine lausig laute Gruppe US-Touristen (die benehmen sich auch im eigenen Land so klischeehaft, wie man es von amerikanischen Touristen erwartet), alles Vorzeichen für eine Fahrt, die einen Tiefpunkt meiner Zugfahrerkarriere darstellen könnte.



Doch weit gefehlt. Das Zauberwort heißt "Indian Summer". War das schön! Mannmannmann! Schon viel drüber gehört und gelesen, aber die Farbenpracht der Landschaft lässt sich auf Fotos gar nicht angemessen wiedergeben. Überhaupt ist der Bundesstaat New York landschaftlich irre schön: Die Fahrt am Hudson River entlang, durch die Hügel und an den Seen entlang bis kurz vor der kanadischen Grenze -- grandios!



Vielleicht doch ein paar Versuche, aus dem fahrenden Zug heraus die Laubfärbung zu fotografieren:


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Dann noch eineinhalb Stunden an der Grenzkontrolle warten und die letzten fünfzig Meilen nach Montreal. Schnell ins Taxi und zu R. und M. gefahren, die freundlicherweise mit dem Abendessen gewartet haben. Die nächste Etappe dieser Reise hat begonnen, eine neue Stadt wartet daraufm kennengelernt zu werden.

Donnerstag, Oktober 05, 2006

Zwischenbericht: Leaving New York Never Easy

Mein rechts Knie tut sehr weh. Kommt vielleicht vom vielen Gehen. Gegangen bin ich reichlich in den letzten paar Tagen. Ist meine Lieblingsbeschäftigung hier in der Stadt: Mehr oder weniger ziellos umherlaufen, Geschäfte angucken, Leute betrachten und versuchen, den enorm hohen Geräuschpegel auszublenden.



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Ich werde hier nicht detailliert aufschreiben, wann und wo ich unterwegs war. Habe aber einige Orte angesteuert, die ich bei meinen letzten Besuchen in der Stadt gesehen habe. Greenwich Village ist immer faszinierend, Alphabet City kannte ich noch nicht. Das MoMA und das New York City Transit Museum sind umgebaut worden, im American Museum of Natural History kann man Tage verbringen, Statue of Liberty ist nicht halb so interessant wie das Einwanderermuseum Ellis Island, der Blick vom Rockefeller Center ist besser als der vom Empire State Building und der Sonnenuntergang über Lower Manhattan von der Brooklyn Bridge aus gesehen ist zum Dahinschmelzen.



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Das Zählspiel "Fette gegen Obdachlose" haben die Fetten gewonnen, habe nach einem Tag aufgehört zu zählen.



Und einige sehr nette Leute wiedergertroffen: Die alte Freundin meiner Mutter, ihre Kinder, sowie der Studienfreund WT haben mir eine großartige Zeit ermöglicht. Vielen Dank an sie alle.



Morgen geht es weiter mit dem Zug nach Montréal. Knapp zehn Stunden wird die Fahrt dauern. Ich hoffe es gibt Steckdosen im Zug. Wenn R schon den Breitbandanschluss geordert hat, kann ich von dort vielleicht auch ein wenig bloggen. Ansonsten gibt's hier Funkstille bis zu meiner Rückkehr. Good Night.